Die literarische Strömung „Sturm und Drang“ kam Mitte des 18. Jahrhunderts in der Epoche der Aufklärung auf. Genau darum geht’s auch uns: Aufklärung.
Eingangs sei erwähnt, dass wir nach reichlichen Diskussionen ziemlich konform der Meinung sind, dass der Platzsturm an sich kein zu verurteilender Ausdruck des Protests ist. Über die Durchführung lässt sich allerdings streiten. Ein friedlicher Sitzstreik à la Gandhi oder Rapid-GAK wäre in dem Fall die wohl zielführendere Maßnahme gewesen, meinen wir. Sei’s drum. Was passiert ist, ist passiert. Die anschließende mediale Hetzjagd auf jene „Schwerverbrecher“ ist unserer Ansicht nach, eher in die Kategorie „Terror“ einzustufen als der Platzsturm an sich. Blauäugige Printmedien (eingeschlossen solcher, die sich sonst deutlich vom Boulevard distanzieren) bauschen die Ereignisse zu einem Eklat auf, der angeblich weltweit für Schlagzeilen sorgt. Die harte Wahrheit ist, in ganz Europa schert sich kein Mensch um den österreichischen Fußball. Und das hat rein sportliche Gründe.
Die mediale Treibjagd erinnert an eine Mischung aus Propaganda und verdammt miserablem Klatsch. Es gibt wohl kein Printmedium, dass dieser Tage keine Unwahrheiten über die Vorfälle verbreitet. Für Medien und Politik scheint das größte Problem des Landes gefunden zu sein: Wir. Wir alle. Multimedial wird munter drauf los gedroschen. Der Kurier meint etwa, dass sich ganz Melk vor den Rapid-Rowdys fürchtet, die zu erwarten sind, wenn das neue Stadion bei einem freundschaftlichen Testspiel eröffnet wird. Meldungen dieser Art kann man ja noch mit einem Schmunzeln entgegen nehmen, viel kritischer sollten wir diversen „Lösungsvorschläge“ für „das Problem“ begegnen. Eine völlig weltfremde Innenministerin zeichnet sich mit dem Vorschlag eines „Vermummungsverbot“ aus. Nicht nur, dass es ein solches grundsätzlich schon gibt, sollte der werten Dame klar gemacht werden, dass ich mich nicht nur mit Kapuzen und Hauben verdecken kann. Schließlich werden wir dann alle nur noch in Unterhose im Block West stehen. Und selbst dann könnten sich Mutige immer noch mit ihrer Boxer vermummen. Gruppo Kreidl schlägt deswegen eine Dödl-Datenbank vor, wo an Hand der Schwänze identifiziert werden kann.
Das Vorbild an dem man sich orientieren müsse sei England, so weitere offizielle Stimmen kluger Schädeln. Durch All-Seater-Stadien, hohe Preise, Alkoholverbot, harten Strafen und Überwachung, Überwachung, Überwachung, sind „die“ so weit, wie sie jetzt sind. Sie haben es geschafft scharenweise Familien aus den betuchteren Schichten in die Stadien zu locken. Menschen, die an nichts anderem interessiert sind als Konsument des Produkts „Fußball“ zu sein. Zahlende Kunden, die für ihr Geld unterhalten werden möchten.
Auch wenn es schwer fiele und weh täte einen Scheintot der Fankultur vorzutäuschen, würde manchem so vielleicht die Augen geöffnet werden. Überall, in ganz Österreich: Neunzig Minuten Stille. Totenstille. Nichts, außer Anwesenheit, so wie in Linz. Über mehrere Wochen hinweg. Kein Tollhaus Sankt Hanappi, keine Zehntausend in Hamburg. Es wäre eine Vorschau auf jenes Szenario, dass sich Befürworter des Modernen Fußballs wünschen.
Den Leuten soll präsentiert werden, was sie aus unserem Sport machen. Doch vorerst gilt es abzuwarten wie weit „sie“ wirklich gehen. Die ersten Alibisanktionen wurden vom Verein bereits präsentiert. Mit Ausweiskontrollen will man dem „Problem“ entgegensteuern. Abzuwarten in welchem Ausmaß und auf welchen Tribünen dies exekutiert wird, die Leute werden dementsprechend antizipieren. Ähnlich dem „Goodhart’s Law“ in der Wirtschaft. Die Anekdote erzählt, dass die englischen Kolonialherren in Indien ein Kobraproblem hatten und deswegen, jedem der eine tote Schlange brachte, eine Prämie erhalte. In der Folge wurden die Kobras aber nicht weniger, sondern mehr, weil die Leute die Schlangen züchteten. Die Bevölkerung hat sich den Gegebenheiten angepasst. Genauso wird das im Hanappi vor sich gehen. Wenn Ausweiskontrollen nur auf der West stattfinden, kann man immer noch auf andere Tribünen ausweichen; wenn auch auf Süd und Nord Kontrollen stattfinden und man nach wie vor unerkannt bleiben möchte, kauft man sich Tageskarten. Dies soll keine Motivation sein, sondern lediglich die Sinnlosigkeit solcher Aktionen aufzeigen. Weiters ist in Frage zu stellen, ob es von Vereinsseite sehr klug ist, die Muskeln spielen zu lassen. Nicht, dass sich der Verein von Fans oder Fangruppen etwas diktieren lassen braucht, die Fanarbeit aber drastisch zu kappen, zeigt nicht als Schritt in eine positivere Zukunft - für keine der beiden Seiten. Auch zukünftige Umzüge, für’s Derby extra in den Prater, während selbst die Polizei sagt, dass das Hanappi ein sicheres Stadion ist, spiegeln die Sinnbefreitheit solcher Aktionen wieder.
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