Das Viech mit dem vollpeckten Ärmel war auch mal a liaber Bua, der einfach nur sein Pickerlheft vollbekommen wollte. Der „Geistesblitz“ kam mir in Salzburg und dient als Denkanstoß.
Rapidler wird man, und wenn’s einem nicht komplett einbrochen haben, bleibt man’s auch. Wer dann auch noch nachhaltig die Treue hält, durch Österreich gondelt und Wiener Fankultur nach halb Europa expandiert, der verändert sich über die Jahre. Ob man will oder nicht.
Das übliche Prozedere: Damals als alles begann - der Papa nimmt den Buam mit auf die Nord. Mit am Start: Fahne links, Cola rechts und Schal um den Hals. Was folgt ist eine völlige Reizüberflutung. Wo sollst hinschauen? ,- Aufs Feld oder dorthin wo die Musik spielt? Laut einer unbestätigten Studie verdanken neunzig Prozent der schärnglernden Rapidler diesem Phänomen ihre asymmetrische Augenausrichtung. (By the way: Im Nachhinein gesehen waren die dreihundertsiebzig Euro, die ich seinerzeit einem „Vollblutgrünen“ für sein Westabo überwiesen habe, eine ungeahnt wertvolle Gesundheits-Präventivmaßnahme. Lang leben die gesunden Augen!)
Wenn die Begeisterung für die vielzitierte Sache nach ein paar Jahren auf der Nord zu groß geworden ist und man sich das ständige Multi-Tasking zwischen Block West und Spielfeld ersparen will, wechselt der null-1899-fuchzehn Rapid-Gschropp auf die West. Dort angekommen sehnt man seinem sechzehnten Geburtstag entgegen, um endlich die Ultras-Mitgliedschaft ausfüllen zu dürfen. Die Karriere kann beginnen. (Ja, das ist an hunderte Wannabes gerichtet.) Ein paar Jahre singt man sich die Stimmbänder wund. Immer und immer wieder, Wochenende für Wochenende. Sollte man Jahre später immer noch dabei sein und noch nicht zum Enten füttern im Stadtpark übergegangen sein, verschieben sich bei vielen die Prioritäten. Es geht kaum noch um die Stimmung. Für viel zu viele hat es sich ausgesungen. Diese Kritik betrifft mich ebenso wie dich. Wo ist sie hin, die bedingungslose Motivation? Der Wille alles zu geben und die eigenen Stimmbänder bis an ihre Grenzen zu bringen. Nicht gegen Aston Villa - gegen Kapfenberg! Ab wann darf man behaupten: Ich hab schon so viel für diesen Verein getan, ab jetzt kann ich mich zurücklehnen. Ab wann? Und vor allem: Warum will man sich überhaupt zurücklehnen?
Es ist ganz einfach: Das ist unsere Mentalität. Es reicht lauwarm dabei zu sein - Hauptsache die Hände sind oben und man bewegt die Lippen halbwegs im Takt. Für einen selbst reicht es - das ist das Traurige. Und daran kann dann auch kein Vorsänger der Welt etwas ändern.
Es kann doch nicht sein, dass es reicht präsent zu sein. Ganz im Gegenteil, meiner Meinung nach geht es nicht darum bei jedem der fast sechzig Spiele im Jahr anwesend zu sein. Viele von uns haben Familie, a Freundin, Studium oder Arbeit, die das schlichtweg unmöglich machen. Rapid ist halt, wie ich finde, doch nicht alles, nur ohne Rapid wäre alles nichts. Worum es mir primär geht, ist das „Wie“. Wie verbringt man die neunzig Minuten beim Spiel? Momentan sind reine Sängerknaben in unserer Kurve schlichtweg nichts Wert. Ich wage zu behaupten, was mittlerweile zählt ist, wer die Jacke mit Windrose trägt, wer mehr Leut umboxt oder wer die hübscheren Beinchen fickt. Das gilt für unsere Gruppe genauso wie für viele andere. Ist ja auch alles schön und gut, nur gehört diese Liste um einen essentiellen Punkt erweitert: Wer gibt neunzig Minuten Vollgas?
Singt wie früher! Wie früher als ma noch Pickerl tauscht haben. Für Rapid. Für den Block West. Für Wien. Gehen wir zurück zu dem Grundmotiv, das uns alle in die Kurve gebracht hat: Ein Teil von diesem Haufen sein zu wollen, der das „gräßte auf da Wöd“ lautstark unterstützt.
Pro Sängerknaben Rapid Wien!
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