Freitag, 27. August 2010

Déjà-vu!

Mental war der Block schon vier Tage weiter in Birmingham, Mattersburg daheim – ein Sieg im Vorbeigehen. Ganz so klar war’s dann doch nicht, unterm Strich aber trotzdem ein sauberes 2:0. Die Hinigsten machten sich bereits Mittwochmittags mit dem Bus auf den Weg in die Midlands (und haben immer noch zwölf Stunden Heimfahrt vor sich!), der Rest vom Mob, der heuer noch mal um zweihundert Leute getoppt wurde, wie gewöhnlich am Morgen des Matchtags mit dem Flugzeug. Und weil man sich noch in Wien respektive im Flieger auf die Welle begab, ging’s in unserem Birminghamer Stammpub, dem Figure of Eight, gleich weiter. Mittags das gewohnte Mahl bei McDonald’s, nur machte man davor noch einen kurzen Abstecher ins Casino. In der eigenartig wirkenden Spielhölle wurde am Black Jack- und Roulette-Tisch dominiert und ein kleines Plus erwirtschaftet. Da die Gamble-Automaten im Pub zuvor aber kaum etwas ausgespuckt hatten, waren wir unterm Strich aber immer noch etwas im Minus. Nach einigen Litern Carlsberg, Carling, Foster’s, Strongbow, John Smith und Newcastle hatte man vor der Abfahrt zum Villa-Park noch ein nette Unterhaltung mit örtlichen Exekutivbeamten und im Bus dann den wohl legendärsten Chauffeur der Auswärtsfahrerei, Roger. Die typisch britischen Stadionzugänge wurden im Eiltempo durchquert und ideale Plätze in der dritten Reihe in Beschlag genommen. Dann ging’s los! Die Villa-Fans nach fünfzehn Minuten vom Lärm, den sie eigentlich vom letzten Jahr schon kennen sollten, der heuer aber wohl um Nuancen noch lauter war, konsterniert. Da blickten sie nur zu uns auf, anstatt auf’s Feld. Agbonlahor dennoch mit der Führung für die Pressing-agierenden Engländer. Rapid versteckte sich aber nicht. Die Mannen auf dem Feld wie grün-weiße Löwen und die 1.400 Schlachtenbummler, wir unterstützten sie weiter, immer weiter! Nach der Pause, kurz nach Seitenwechsel, Rapid war nun feldüberlegen, erkämpft sich Kavlak einen verloren gegangenen Ball artig zurück, lässt den Verteidiger stehen, schlägt ein Kipferl zur Mitte und der Nuhiu haltet seine Birne hin und lässt uns alle auszucken! Villa bemüht sich nun wieder etwas mehr für’s Spiel zu tun; dann doppelter Elferalarm in unserem Sechzehner. Zuerst foult Katzer, die Pfeife bleibt aber stumm, nur Minuten später bringt dann Sonnleitner Heskey zu Fall, und nun gibt der niederländische Schiri Penalty. Petrov tritt an. Nach einem kurzen Anlauf tritt er die Kugel ins linke Eck und Hedl, er hält! Der Sektor tobt! Dass Heskey den Nachschuss nur knapp über die Latte setzt, sollte ich erst tags darauf zu sehen bekommen. Die Stimmung, sie steigt, obwohl eine Steigerung kaum mehr möglich sein konnte. Wie letztes Jahr vergibt Villa auch heuer wieder einen Strafstoß. Die Hausherren geben aber nicht auf, spielen weiter nach vorne, unsere grün-weißen Krieger halten aber aufopfernd dagegen, kämpfen und beißen! Dahinter ihr zwölfter Mann! Noch nie fühlte ich Rapid als solch eine Einheit! Dennoch gelingt Heskey nach einer Druckphase die erneute Führung indem er einen Beye-Schuss von der Strafraumgrenze mit der Brust abfälscht. Nicht mehr lang zu spielen, die Rapid-Viertelstunde beginnt, noch einmal Vollgas geben – sie auf dem Rasen und wir auf den Rängen! Das Echo unserer chants scheint ganz Birmingham zu überstrahlen, Rapid weiter im Vorwärtsmarsch. Hofmann mit einer Ecke, direkt vor unserem Sektor. Der Ball geht kurz, ich glaube Nuhiu scherzelt per Kopf weiter und Sonnleitner drückt den Ball vom Fünfer Richtung Tor; der Torwart kommt zwar noch dran, die Kugel kullert aber gemächlich hinter die Linie! Männer liegen sich nun in den Armen und schreien ihre Freude aus dem tiefsten ihrer Seele hinaus in die englische Nacht! Den ersten kommen bereits die Tränen! Zu surreal die gesamte Szenerie! Und Minuten später brechen dann alle Dämme: Hofmann mit einem Zuckerpass auf rechts, Trimmel erkämpft sich den Laufpass und spielten einen perfekten Stanglpass zur Mitte, exakt zwischen Verteidiger und Torhüter hindurch und Gartler lauert am langen Eck und drückt das Leder hinter die Linie! Nun gibt es endgültig kein Halten mehr! Der Sektor tobt, die Erde bebt! Zwei-Meter-große tätowierte Typen stehen ungläubig mit Tränen in den Augen da, Menschen liegen sich in den Armen und lassen sich nicht mehr los, manche zeigen überhaupt keine Reaktion und stehen einfach nur kopfschüttelnd da, Mädchen brechen sich beim Torjubel die Zehen, „Bist du deppat!“ kann man von Mündern ablesen, alles ist wie in einem Traum. Die letzten Minuten vergehen wie im Flug, wir Fans am Feiern, die Spieler am Platz behalten die Nerven, die Villa-Supporters am Heimweg. Und dann war Schluss! Rapid wirft Aston Villa zum zweiten Mal in zwei Jahren aus dem Europapokal hinaus, Mannschaft, Betreuer und Fans feiern noch eine halbe Stunde nach Abpfiff und machen die Nacht zum Tag! Noch nie fühlte ich uns alle als solch eine Einheit! Genau solche Partien sind es, warum man sich auch Mattersburg zuhause antut. Erst dadurch bekommt das gestern erlebte den letzten Pfiff. Und die Auslosung für die Gruppenphase, mit der - nun kann ich es ja sagen - ich entgegen meines gesamten Zweckoptimismus, realistisch betrachtet eigentlich nicht mehr gerechnet hatte, verspricht ja drei nette Auswärtsfahrten. Und vielleicht werden’s ja noch mehr.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen