Montag, 15. November 2010

Fünf Watschen für Graz und mitternächtliche Eskalation

Mal werden sie lauter, dann wieder leiser, die „Pacult raus!“-Rufe. Nach dem Remis in Salzburg schien es als ob über Hütteldorf wieder die Sonne aufgehen sollte. Der Start in einen äußerst angenehmen November - nicht nur klimatisch. Sturm Graz, der einzige, der vier „großen“ Vereine, der momentan tatsächlich um die Tabellenführung spielt, wurde daheim souverän mit 3:1 besiegt, obwohl die Anfangsminuten ein noch furioseres Match erwarten ließen. Die Grazer waren mit so vielen Mann wie noch nie nach Wien gekommen; ein Grund warum es auch fantechnisch eine überdurchschnittliche Bundesliga-Partie wurde. Und nach dem Schlusspfiff gab es noch eine nette Begegnung mit ein paar Gästefans. Sonst war es aber ein weiteres unaufregendes Heimspiel.

Genauso auch mittwochs darauf als Zweitligaschlusslicht Hartberg zu Gast in Hütteldorf war; das erste Heimspiel im Cup seit dem Halbfinalsieg gegen den GAK in der Saison 2004/05. Die Stimmung war nicht ganz so gut wie gegen Sturm, aber eh kloa. Der Hartberger Anhang für einen Mittwochabend numerisch überraschend stark und auch mit der einen oder anderen Fackel auffallend. Ungewohnt auffallend auch wieder unsere Stürmer. Nachdem der Gartler schon gegen Sturm doppelt genetzt hatte, sorgten diesmal Salihi(2) und Nuhiu für den lockeren 3:0-Endstand. Wobei es zur Pause noch torlos stand. Die Leistung unserer Vertreter auf dem Platz wieder mit einem Abwärtstrend.

Welcher in Mattersburg prolongiert wurde. Da waren wir mit sechs Mann anwesend, wieder in unserem Old-Style-Bus. Und mit einer Spontanaktion, welche erst nächtens zuvor verwirklicht wurde. Der „Über alles Rapid“-Doppelhalter wurde mit fünf Meter hohen Plastikröhrln in den Nachthimmel gehalten, und selbst manchem Wiffzack blieb die Doppeldeutigkeit zwischen Spruch und Doppelhalterhöhe nicht verborgen. Zudem kam, dass die drei Kreidln, die ihn erstmals präsentierten, mit gesamtem Material unter der Stahlrohrkonstruktion vom benachbarten Sektor in den Gästesektor kletterten; eh kloa, weil sie in Gruppo-Kreidl-Manier mal wieder keine Karten besorgt hatten. Zur Rapidviertelstunde wurde dann noch etwas Pyro angerissen und Nuhius Ausgleich in allerletzter Minute nicht mehr richtig bejubelt. Nach Abpfiff waren sie wieder da, Rufe und Transpis gegen den Trainer. Gruppo Kreidls Abend begann aber erst. Zurück in Wien ging’s prompt ins Casino. Der erhoffte Gewinn schien kurzfristig Realität zu werden. Die Spielsucht überkam den ein oder anderen aber dann doch zu sehr. Im Endeffekt hatten wir gut fünfhundert Eier verspielt, was uns aber nicht daran hinderte noch ein bisserl die Sau raus zu lassen. Offiziell im Floridita bei irgendeiner unnötigen Geburtstagsfeier, die meiste Zeit aber lehnend beim Würstlstandl eine Straße weiter. Dabei kam uns ein Sturm-Schal in die Hände, der einem mutigen Grazer fair…vom Hals gefallen ist. Irgendwann, so nach etwa zehn bis fünfzehn Krügerln, waren wir dann wieder in Transdanubien und so manches Kreidl legte sich um fünf Uhr morgens unfreiwillig auf die Straße.

Dienstag, 9. November 2010

Nach dem Stimmbruch sind Sängerknaben wertlos

Das Viech mit dem vollpeckten Ärmel war auch mal a liaber Bua, der einfach nur sein Pickerlheft vollbekommen wollte. Der „Geistesblitz“ kam mir in Salzburg und dient als Denkanstoß.

Rapidler wird man, und wenn’s einem nicht komplett einbrochen haben, bleibt man’s auch. Wer dann auch noch nachhaltig die Treue hält, durch Österreich gondelt und Wiener Fankultur nach halb Europa expandiert, der verändert sich über die Jahre. Ob man will oder nicht.
Das übliche Prozedere: Damals als alles begann - der Papa nimmt den Buam mit auf die Nord. Mit am Start: Fahne links, Cola rechts und Schal um den Hals. Was folgt ist eine völlige Reizüberflutung. Wo sollst hinschauen? ,- Aufs Feld oder dorthin wo die Musik spielt? Laut einer unbestätigten Studie verdanken neunzig Prozent der schärnglernden Rapidler diesem Phänomen ihre asymmetrische Augenausrichtung. (By the way: Im Nachhinein gesehen waren die dreihundertsiebzig Euro, die ich seinerzeit einem „Vollblutgrünen“ für sein Westabo überwiesen habe, eine ungeahnt wertvolle Gesundheits-Präventivmaßnahme. Lang leben die gesunden Augen!)
Wenn die Begeisterung für die vielzitierte Sache nach ein paar Jahren auf der Nord zu groß geworden ist und man sich das ständige Multi-Tasking zwischen Block West und Spielfeld ersparen will, wechselt der null-1899-fuchzehn Rapid-Gschropp auf die West. Dort angekommen sehnt man seinem sechzehnten Geburtstag entgegen, um endlich die Ultras-Mitgliedschaft ausfüllen zu dürfen. Die Karriere kann beginnen. (Ja, das ist an hunderte Wannabes gerichtet.) Ein paar Jahre singt man sich die Stimmbänder wund. Immer und immer wieder, Wochenende für Wochenende. Sollte man Jahre später immer noch dabei sein und noch nicht zum Enten füttern im Stadtpark übergegangen sein, verschieben sich bei vielen die Prioritäten. Es geht kaum noch um die Stimmung. Für viel zu viele hat es sich ausgesungen. Diese Kritik betrifft mich ebenso wie dich. Wo ist sie hin, die bedingungslose Motivation? Der Wille alles zu geben und die eigenen Stimmbänder bis an ihre Grenzen zu bringen. Nicht gegen Aston Villa - gegen Kapfenberg! Ab wann darf man behaupten: Ich hab schon so viel für diesen Verein getan, ab jetzt kann ich mich zurücklehnen. Ab wann? Und vor allem: Warum will man sich überhaupt zurücklehnen?

Es ist ganz einfach: Das ist unsere Mentalität. Es reicht lauwarm dabei zu sein - Hauptsache die Hände sind oben und man bewegt die Lippen halbwegs im Takt. Für einen selbst reicht es - das ist das Traurige. Und daran kann dann auch kein Vorsänger der Welt etwas ändern.

Es kann doch nicht sein, dass es reicht präsent zu sein. Ganz im Gegenteil, meiner Meinung nach geht es nicht darum bei jedem der fast sechzig Spiele im Jahr anwesend zu sein. Viele von uns haben Familie, a Freundin, Studium oder Arbeit, die das schlichtweg unmöglich machen. Rapid ist halt, wie ich finde, doch nicht alles, nur ohne Rapid wäre alles nichts. Worum es mir primär geht, ist das „Wie“. Wie verbringt man die neunzig Minuten beim Spiel? Momentan sind reine Sängerknaben in unserer Kurve schlichtweg nichts Wert. Ich wage zu behaupten, was mittlerweile zählt ist, wer die Jacke mit Windrose trägt, wer mehr Leut umboxt oder wer die hübscheren Beinchen fickt. Das gilt für unsere Gruppe genauso wie für viele andere. Ist ja auch alles schön und gut, nur gehört diese Liste um einen essentiellen Punkt erweitert: Wer gibt neunzig Minuten Vollgas?
Singt wie früher! Wie früher als ma noch Pickerl tauscht haben. Für Rapid. Für den Block West. Für Wien. Gehen wir zurück zu dem Grundmotiv, das uns alle in die Kurve gebracht hat: Ein Teil von diesem Haufen sein zu wollen, der das „gräßte auf da Wöd“ lautstark unterstützt.

Pro Sängerknaben Rapid Wien!

Freitag, 5. November 2010

„Wiedaschaun, Europa!“

„The bitterest pill is mine to take, if I took it for a hundred years, I couldn't feel any more ill“, sang The Jam bereits 1982. Okay, es sind vielleicht noch keine hundert Jahre, die vermeidliche Schwächeperiode unserer Rapid dauert aber mit ein paar Ausreißern nun doch schon ungewohnt lange Zeit an und drückte uns seit Juli schon so manche bittere Pille rein. Vom Aufbaugegner Rapid ist bereits die Rede, vom Sparing-Partner. Die Zyniker unter uns meinen, dass wir immerhin seit fünf Spielen ungeschlagen sind, und die Abwehr seit den vier Trümmern in Innsbruck ja auch einen Aufwärtstrend verbucht, immerhin hat man seit dem nie wieder so viele Tore in einem Spiel kassiert. Das nächste „Endspiel“ stand auf dem Programm. Der Gegner hieß ein zweites Mal ZSKA Sofia, Spielort war diesmal das Praterstadion. Mit einer eindrucksvollen Chaos-Choreo, mit Fahnen und Doppelhaltern in allen drei Rängen, leitete der C/D-Sektor das Spiel ein. Und der Schwung, die Euphorie, sie sollte sich auf den Platz übertragen. Zumindest eine Zeit lang. Kavlak donnert den Ball nach nur zwei Minuten ans Gebälk. Und Minuten später scheitert Pehlivan mit einem aussichtsreichen Schuss am Keeper. Der Lattenkracher von ZSKA holte uns aber wieder aus dem Glücksbärenland zurück. Gruppo Kreidl, am äußersten Rand des Sektors, bemerkte zudem auch den bulgarischen Anhang, der sich ein ums andere Mal akustisch bemerkbar machte, und im zweiten Durchgang auch mit reichliche Pyrotechnik. Dazu hatten sie auch allen Grund, denn Salihis Elfertor war nur der Ausgleich zur bulgarischen Führung. Schließlich schlief Sonnleitner und erzielte praktisch per Eigentor den Siegtreffer für ZSKA. Die Mannschaft zeigte noch mal ein Lebenszeichen, doch weder der verspielte Gartler, noch der ständig im Seitenaus herumirrende Trimmel, noch der Freistoß-Depp Dober konnten als Joker der Partie die entscheidende Wendung geben. Nach Schlusspfiff verabschiedete sich die Mannschaft nicht von der Kurve und die schon in den letzten Runden zu hörenden „Pacult Raus!“-Rufe wurden wieder etwas lauter. Ob nun dem Trainer, den Sportdirektor oder gar den Spielern die Rute ins Fenster gestellt werden sollte, bleibt zu diskutieren. Ein Zeichen muss jedenfalls gesetzt werden. Jetzt. Sofort!

Montag, 1. November 2010

‚Wie a serbischer Füm’

Die Achterbahnfahrt, sportlich wie auch fantechnisch geht für uns weiter. Nachdem wir beim ersten Remis der Saison in Kapfenberg gerade einmal drei Leute waren (und der Fetzen nicht hängte) und spieltags darauf auch gegen die Innsbrucker daheim nur zu einem Punkt kamen, gipfelte unsere Negativserie zumindest fantechnisch in der Europacuppartie auswärts gegen ZSKA Sofia, wo kein einziges Kreidl mit war. Da schauten wir lieber zuhause in geselliger Runde frei nach dem Motto „Soda und Pizza statt Sofia und Kamenitza“. Sportlich ging’s wenigstens ein bisserl bergauf - 2:0 in der Fremde gewonnen, der erste Auswärtssieg auf internationalem Parkett seit dem Jahre Schnee.

Zurück in der Liga, aber wieder das gewohnte Bild, nur drei Kreidln harrten im Nieselwetter von Wiener Neustadt aus und beobachteten ein fades 1:1. VoH schied bereits in der Anfangsviertelstunde verletzt aus und wird uns noch die nächsten Wochen wegen eines Muskelfasserrisses fehlen. Dennoch erzielte Katzer mit seinem rechten Standbein wunderschön per Volley die Führung. Der Ausgleich kam aber prompt per Elfmeter. Und wäre das Elferfoul für den jungen Kayhan nicht schon genug gewesen, sah der kurz nach Seitenwechsel auch noch gelb-rot. In der Folge beschränkte sich das Rapid-Spiel auf die Defensive um den Punkt zu halten; erst nachdem Wolf Minuten vor dem Schlusspfiff durch seinen Ausschluss wieder auf Zehn-gegen-Zehn stellte, machte Rapid wieder etwas Druck, der aber zu spät kam.

Außerhalb des Stadions wurden die letzten zwei Wochen mit einem durchaus erfolgreichen Casinobesuch abgerundet. Wobei wir schon Tage zuvor in der Kärntner Straße standen, wegen unserer Mörderpanier aber auf Roulette und Black Jack verzichteten.

Mehr als der ein oder andere Verlust im Casino, schmerzt der Verlust des Capitanos, der zumindest auch noch Donnerstag gegen ZSKA fehlen wird. Und so war gestern, Sonntag, ohne VoH, Kayhan und SHFG der große Tag, das Spiel gegen die Dosen. Die Kreidln, hochmotiviert, und in einer Anzahl wie schon lange nicht mehr, anwesend. Ursprünglich war der Kreidlbus mit acht Mann voll, wegen gesundheitlicher Probleme bzw. familiärer Querelen mussten kurzfristig jedoch zwei Mann absagen. Aber auch zu sechst, von denen in Kreidl-Manier gerade mal zwei eine Karte hatten, entwickelte sich eine geschmeidige Fahrt; der Kreidlbus in Höchstform! So waren wir gegen allen Erwartungen bereits zwei Stunden vor Anpfiff vor dem Stadion. Bevor wir aber dem „Red-Bull-Dorf“ unseren traditionellen Besuch abstatteten, interessierte uns der offene Eingang zu den Räumlichkeiten der Dosen-Marketingabteilung mehr. Und so standen wir plötzlich in den Katakomben des Stadions, unter einer der Längstribünen. Dass uns plötzlich die Blase drückte und sich der Urin seinen Weg ins Freie genau in jenem Moment bahnte, glich einem Geschenk Gottes. Im Sektor minimierte sich unsere Zahl auf nur mehr zwei. Der Rest, eben die Kartenlosen, mussten sich mit Plätzen im zweiten Rang begnügen. Im Nachhinein geht noch ein Dankeschön an den Seba von den Ultras Rapid, der uns, unerfahrenen Fohlen, bei der Einlasskontrolle mit dem Fetzen unterstützte! Im Block wurde unser Stoff am linken Rand positioniert, wo dann auch gleich unser Duo stehen blieb. Eine nette Choreo von den Tornados leitete die Partie schließlich ein (besonders viel Freude bereiteten die Plastikfähnchen); nachdem die Kreatur mit der Nummer Sieben aber zum 1:0 für die Dosen einschoss, befürchtete, zumindest der Autor, gar eine Blamage im Anrollen. Gesanglich war unsere Leistung nicht schlecht, wobei sich die Leistung der Defensive Halloween anpasste: Erschreckend. In Fortdauer des Spiels war Rapid aber tonangebend und drückte auf den Ausgleich. Nach dem Seitenwechsel noch mehr. Dann folgte Trimmels Schwalbe und ein herber Aufschrei. Leider aber kein Elfmeter. Schließlich war es Heikkinen per Kopf, der den Ausgleich doch noch herstellte und einen verdienten Punkt ins Trockene rettete. Nach Schlusspfiff chillten wir noch etwas am Parkplatz, die einen liegend am Busdach, die anderen einen alten Piefken stellend, der mit seinem Mercedes meinte, er müsse nicht im Stau stehen und ehrlich gesagt so wirkte als hätte er doch schon das eine oder andere Achterl intus. Den restlichen Heimweg in die wunderschönste Stadt der Welt vertrieben wir uns mit einem Welche-Rapid-Spieler-hast-du-aktiv-gesehen-aufzählen, wobei so Größen wie Gerhard Poschner, Saoud Fath, Günter Schießwald oder Angelo Vier für einiges Gelächter sorgten.